Manchmal denke ich, als Unternehmer alles Mögliche bereits erlebt zu haben. Aber weit gefehlt, wie dieses Beispiel wieder einmal beweist. Vor einiger Zeit erhielt ich am Abend folgende Email:
Betreff: Preisanfrage
Guten Tag,
ich hätte gerne ein Angebot für schleifen und lackieren (schwarz matt oder Hochglanz) von einem Paar Lautsprecher. Die bisherige Farbe basiert auf gemischter Kalkfarbe, der Untergrund besteht aus dreischichtigem Fichtenholz. Die Lautsprecher sind hinten nach Innen abgerundet und ein Lautsprecher ist hinten ungestrichen. Ich bitte, die Bilder im Anhang zu beachten
Beide Lautsprecher umfassen ca. 3m² Fläche, die zu behandeln sind. Die beiden Hochtongehäuse stehen oben auf und können separat abgenommen werden und sollen ebenfalls mitlackiert werden, sind allerdings Fichtenholz roh.
Da ich ohne Auto bin, müssten die LS abgeholt und wieder zugestellt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Reiner Kunde
Schon am nächsten Morgen habe ich, per Email, dem guten Herrn Kunde geantwortet:
Sehr geehrter Herr Kunde,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Für das Abholen und Bringen der Lautsprecher berechnen wir km/Euro 0,48, inkl. Mehrwertsteuer.
Die Fahrzeit und die Bearbeitungszeit für die Neulackierung der Boxen berechnen wir nach Zeitaufwand. Je Stunde Euro 50,58, inkl. Mehrwertsteuer. Dazu das Material nach Verbrauch. Vollkommen unverbindlich schätze ich die Gesamtzeit auf vielleicht 8 – 10 Stunden.
Mit farbenfrohen Grüßen, Werner Deck
Tage später hat der gute Herr Kunde sich in einer Email bei der hiesigen Maler- und Lackiererinnung beschwert und mir einen Durchschlag geschickt:
Werte Geschäftsstelle der Maler- und Lackiererinnung,
wie sie in der untenstehende Mail erkennen können, vergab ich ein Angebot an 24 Malerbetriebe der Maler und Lackiererinnung. Bisher bekam ich zwei Angebote, deren Preise jenseits von gut und böse liegen. Ein Angebot lag bei 500€ Mwst., das andere Angebot war mit 8-10 Std. zu gut 50€ plus Fahrzeit, plus Kilometergeld. Da ich seit 30 Jahren als Raumausstatter tätig bin, ist mir das Malerhandwerk wahrlich nicht fremd, so dass ich Arbeitsabläufe und Zeiten sehr genau abschätzen kann. An dieser Stelle sei erwähnt, dass mein Schreiner den Neubau der Lautsprecher inklusive Lackierung zu 500€ Brutto anbietet.
Sicher leben wir in einer freien Marktwirtschaft, in der jeder seine Preise selbst bestimmen kann. In Zeiten der Rezession war es mein Anliegen, der hiesigen Wirtschaft ein wenig unter die Arme zu greifen. Allerdings zu realistischen Preisen.
Was bleibt, war der Gang zum Baumarkt und in den eigenen Keller, die Lautsprecher selbst zu schleifen und zu lackieren. Kosten für Material beliefen sich auf 12 Euro, der Zeitaufwand für schleifen, zweimaliges Lackieren und Zwischenschliff betrug drei Stunden. Mich wundert daher nicht, dass Baumärkte und DIY boomen.
Mit freundlichen Grüßen
Reiner Kunde
Das hat natürlich eine richtigstellende Antwort meinerseits an Herrn Kunde erfordert. So einem bescheuerten Zeitgenossen muss man – sehr höflich – vor Augen führen, wie bescheuert er doch in Wirklichkeit ist. Hier meine Email an den bescheuerten Herrn Müller:
Sehr geehrter Herr Kunde,
Ihre Anfrage ging abends bei mir ein und wurde am nächsten Morgen schnell und seriös von mir beantwortet.
Zunächst dachte ich an einen (schlechten) Witz, als ich zuerst Ihre Anfrage und dann noch Ihre Email an die Maler- und Lackiererinnung Karlsruhe las. Das dachten bestimmt alle anderen von Ihnen angeschriebenen 23 Firmen ebenfalls und haben sich deshalb bei Ihnen auf Ihre Anfrage nicht gemeldet. Aber, ich befürchte, Sie meinen das wirklich ernst, was Sie da geschrieben haben.
Das Einzige, bei dem ich Ihnen zustimme ist Ihre Aussage, dass wir in einer freien Marktwirtschaft leben. Recht so!
Aber über Ihre Aussage: „In Zeiten der Rezession war es mein Anliegen, der hiesigen Wirtschaft ein wenig unter die Arme zu greifen.“, habe ich mich vor Lachen wirklich fast stundenlang ausgeschüttet. Mit einem Anstrich von zwei Lautsprecherboxen der hiesigen Wirtschaft unter die Arme greifen zu wollen ist wirklich aller Ehren wert. Aber von der Realität mindestens ebenso weit entfernt, wie die Erde von der Milchstraße!
Ein Angebot, haben Sie „vergeben“! Sie scheinen das für eine besondere Ehre und Aufmerksamkeit zu halten, von Ihnen – wie insgesamt 24 (!) Betriebe – eine Anfrage über einen Laustsprecherboxenanstrich bearbeiten zu dürfen. Sie rühmen sich Ihrer 30-jährigen Berufserfahrung als Raumausstatter. Da müssten Sie nur zu gut wissen, dass eine exakte Kalkulation nur mit exakten Vorgaben (was soll oder muss technisch GENAU gemacht werden) möglich ist. Um die notwendigen Arbeiten exakt kalkulieren und anbieten zu können, wäre eine Besichtigung eigentlich unumgänglich.
Dazu wäre eine Terminvereinbarung bei Ihnen und ein Vororttermin erforderlich gewesen. Zusätzlich die Kalkulation und das Schreiben eines Angebotes. An Aufwand kommen da ganz schnell einmal ca. 1,5 bis 2 Stunden plus Fahrtkosten zusammen. Das wollten Sie gleich 24 (!!!) Betrieben zumuten? Das ist nicht der hiesigen Wirtschaft unter die Arme gegriffen! Das ist die vorsätzliche Verursachung eines enormen volkswirtschaftlichen Schadens!! Mindestens 23 Betriebe vorsätzlich umsonst Arbeit und Kosten aufzuhalsen und wenn letztlich selbst der günstigste Preis – in Ihren Augen – „jenseits von Gut und Böse“ liegt, die Arbeiten schlussendlich doch selbst auszuführen.
Das Einzige, was jenseits von Gut und Böse liegt, ist Ihre Denke, Verhaltensweise und Argumentation. Die hiesige Wirtschaft kann – so denke ich jedenfalls – auf eine derartige „Unterstützung“ Ihrerseits mehr als sehr gut verzichten. Ich kann und will das auf jeden Fall. Bitte sind Sie deshalb so freundlich und sehen künftig von weiteren „Vergaben eines Angebots“ an mich ab. Vielen Dank.
Mit farbenfrohen Grüßen, Werner Deck
Man hat ja sonst nichts zu tun, als sich mit solchen Deppen herumzuärgern.
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