„Hallo“ allenthalben. Beim Bäcker, im Hotel, im Blumenladen…. Ist das höflich und zeitgemäß? Ich kann mich nur schwer daran gewöhnen. Ein freundliches „Guten Tag“ ist mir persönlich allemal lieber. Oder wandelt sich die Gesellschaft zur unverbindlichen Hallo-Gesellschaft?
Zum Thema „Hallo“ hier ein netter Text des von mir sehr geschätzten Kollegen Joachim Bullermann (http://www.bullermann.com/):
“Hallo“ – die neue Unverbindlichkeit
Epedemieartig hat es sich verbreitet: Hallo hier, hallo dort, hallo überall.
In den Arztpraxen. In Banken. In Rathäusern und Ämtern. In öffentlichen Transportmitteln. In Restaurants und Hotels sowieso. Dort fast flächendeckend. Da kann nur noch der Handel mithalten. Mal sehen, wer den „Hallo“-Wettbewerb gewinnt! Das einzig Gute daran ist, dass das „Hallo“ ganz offensichtlich das amerikanische „hi“ ersetzt hat…
Aus der Praxis…
Vor kurzem stand ich gegen 11 Uhr vor einer Hotelrezeption. Ich wartete, wie so oft, vergeblich. Obwohl ich beim Eintreten laut und deutlich „Guten Morgen“ gerufen hatte. Vorbeugend sozusagen, um die unsichtbaren, hoffentlich dienstbereiten MitarbeiterInnen auf mich aufmerksam zu machen.
Vielen sind die Regiearbeiten immer noch wichtiger, trotz niedriger Belegungsrate (bzw. Kundenfrequenz in den Geschäften.) Das ist meistens nicht ihre Schuld. Der Chef: „das muss bis 12 fertig sein!“ Da heißt es, die Ohren anzulegen – und loszulegen!
Hallööchen – die Steigerung!
Plötzlich erscholl von seitwärts ein sirenenhaftes „Hallööchen“, verbunden mit dem unausrottbaren „kann ich Ihnen helfen?“ Bei diesem Begrüßungsstereotyp raste ich schon automatisch aus. Gott sei Dank nach der langen Praxis nur noch innerlich. Gepaart mit „Hallööchen“ fühlte ich mich spontan herausgefordert, einen längeren, missionierenden und kostenlosen Vortrag zu halten. Wer kommt schon in den Genuss..? Gleich waren drei weitere Kolleginnen zur Stelle – allesamt nett und aufgeschlossen!
„Haben Sie bemerkt, wie alt ich bin?“, war meine erste Frage. Und danach: „Kennen Sie mich etwa?“ „Hallo“ mag unter jungen Menschen privat sowieso und – von der Situation abhängig – auch beruflich/geschäftlich üblich sein. Aber Älteren gegen über? Obendrein noch einem älteren Fremden „Hallööchen“ entgegen zu säuseln, das ist die Verlegung einer privaten Situation in den geschäftlichen Bereich. Die ersten 5 Sekunden. „Sobald ein Mensch den Mund aufmacht, gewinnt oder verliert er!“ lautet eine alte Lebensweisheit.
Dazu kommt noch der von mir schon oft zitierte „Moment der Wahrheit“. Das sind die ersten 5 Sekunden, in der jemand in der richtigen oder falschen Schublade landet und entsprechend behandelt wird. Wer nicht „schubladisiert“ werden will, schaltet sein Wirkungsbewußtsein auf „wach“, um zu differenzieren.
Differenzierung! Genau das ist doch der Punkt! „Meine Mutter/mein Chef sagt auch hallo!“ Soll man da sagen, dass die/der auch keine Ahnung hat? Zumindest könnte man empfehlen, den Chef zu tauschen…
Aber nur denjenigen, die was „drauf“ haben, also qualifiziert sind. Die wissen, dass nicht alles, was zuhause oder unter Kumpeln geredet wird, ungefiltert in das Berufsleben übertragen werden darf. Die wissen ebenfalls, dass man sich schon im ersten Satz profilieren muss und deshalb nicht jeden „Trendquatsch“ kritiklos übernehmen sollte.Abhängigkeiten beachten! Die wissen, wer von wem abhängig ist, und man sich deshalb partnerorientiert verhalten muss. Das bedeutet auch, die Begrüßungsformel zu wählen, bei dem sich der Kunde/Gast wohlfühlt. Ich lehne es ab, undifferenziert mit „hallo“ begrüßt zu werden. In den Restaurants, Hotels, Geschäften usw., in denen ich heute verkehre und einkaufe, erwarte ich die übliche tageszeitliche Begrüßung, angefangen bei „Guten Morgen“. Und vor allem will ich nichts zu tun haben mit Menschen, die oberflächlich und bequem sind.
Das ist doch der Hauptgrund für die „Hallo“- Epidemie. Achten Sie mal darauf, wie emotionslos das „Hallo“ meist gesprochen wird: kurz, knapp und betonungslos. Da war das „Hallööchen“ der jungen Dame doch voller Emotion und mit innerem Engagement gesagt. Übrigens: am nächsten Morgen begrüßte Sie mich mit „Guten Morgen, Herr Bullermann!“ und einem wissenden Lächeln!